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Jahre 2019-2021
Comic-Lektüre für 2025
Herr der Fliegen - Die Graphic Novel (Aimée De Jongh/William Golding, Splitter 2024, 352 S., HC, farbig)
Als Herrn der Fliegen lernten wir im US-Comic "Bone" eine Figur
kennen, die für etwas überaus Übles stand. So ist diese Figur auch aus alten
Schriften bekannt. Was das mit der zunächst als leicht zu ertragen dargestellten
Lage einer Gruppe überlebender Kinder zu tun haben könnte, erschließt sich erst
im Fortgang der erkenntnisfordernden Erzählung. – Nach dem Absturz
ihres Flugzeugs, finden sich viele Kinder auf einer einsamen Südseeinsel wieder,
ohne Erwachsene, auf sich allein gestellt. Der zwölfjährige Ralph
erreicht, zum Anführer der Kinder gewählt zu werden, was den Schulsprecher und
Chorsänger Jack Merridew sichtlich ärgert. Er, der als Qualifikation
für das Amt des Anführers angibt, das hohe C singen zu können, muss sich mit
der Rolle des Anführers seiner Chorjungen, der "Jäger" abfinden, was ihm
zunächst auch genügt. – Zu den Hauptfiguren der Handlung gehört der
wegen seiner Figur so genannte, asthmatische Piggy, dessen Brille
eine wichtige Rolle zukommt: nur mit ihr können die Kinder Feuer machen. Dass
man ihn als Sonderling sieht und daher seine Worte nicht achtet, verdeutlicht,
wie sehr Äußerlichkeiten in sozialen Gruppen den Ton angeben. Piggy fordert die
Rückkehr zu einer Ordnung, die dem Nutzen aller dient, statt in eine primitivere
Lebensform des Jagens und Tötens abzugleiten. Das hat leider Aktualität.
Kult Geschichten 2: Flint & Mortimer (Michael Mikolajczak/Miriam Esdohr/Christian Scharfenberg et al., Kult Comics 2024, 136 S., HC, farbig)
Der Autor Michael Mikolajczak zeigt einmal mehr, was er mit einem Team von
gewieften ZeichnerInnen an sonderbar eingängigen Erzählungen zu Papier zu
bringen weiß (s. auch Kult Geschichten 1 Tick Tock). Da fühlt man mit den
Protagonisten Flint und Mortimer, wenn der
halluzinierende Zeus im LSD-Rausch Mortimers VW-Käfer
zertrümmert und Flints liebgewonnene Meissner Gartenzwerge in die ewigen
Porzellangründe ballert. Mit dem Ruf "Insalata mista, Baby!" starten Flint und
Mortimer den Gegenangriff, ob da nun Zeus oder Zombies vor ihnen stehen. Aber
es ist nicht einfach, gegen einen Haufen lepröser Zombies anzugehen, das
schafft Unordnung. Ein gesetzestreuer Zombie hasst Unordnung. Für ihn sind
postmoderne Gartenzwerge Grabsteine. Es folgt die Frage, ob Rüben oder
Kürbisse zu Halloween das Richtige sind. Drunk Jack will Rüben.
Doch Mortimer erklärt ihm, dass Kürbis den Blutdruck senkt. Das wäre gut für den
heißblütigen Jack O'Lantern. Der unterzuckerte Graf Eberhardt im
Bart braucht hingegen seine frischen Frühstücksbrötchen, die dem Bäcker
in "Boris Bäckers Bäckerei" aber vom Blech fallen. Seiner Todesstrafe kann der
Unglückliche entgehen, wenn er ein Frühstücksgebäck erfindet, "durch das das
Licht der Morgensonne an drei Stellen hindurchscheint." Wie wunderbar irre!
Der Schrei (Pierre Makyo/Laval Ng, Schreiber & Leser 2024, 144 S., HC, farbig)
Der Titel "Der Schrei" dieser Graphic Novel lässt an die vier Gemälde des
Norwegers Edvard Munch denken. Der Kriminalfall, der in dieser sorgsam
gebauten Erzählung im Mittelpunkt steht, spielt dann erstens auch in Norwegen,
jedenfalls anfangs, und hat zweitens ebenfalls mit einer furchtbaren Angst zu
tun, worauf die geweiteten Augen und der stark aufgerissene Mund hinweisen.
Für den Patienten 488 der psychiatrischen Anstalt Gaustad, der mit diesen
Angst-Anzeichen tot aufgefunden wird, führte das so geäußerte, das furchtbar
erlittene Entsetzen sogar zum Herzstillstand. Der Anstaltsleiter Prof. Hans
Grund versucht, den Hergang zu vertuschen. Doch Inspektorin Sara
Geringen kommt schnell zu dem Schluss, dass da etwas unter den Teppich
gekehrt werden soll und leitet eine Untersuchung ein, um zunächst die Identität
des Toten festzustellen, der schon seit 36 Jahren in einem besonderen Raum der
Anstalt Ziel obskurer Untersuchungen war und dessen Blut das halluzinogene
Neuroleptikum LS 34 enthielt. Sara folgt den Hinweisen zu diesem
längst verbotenen Medikament der Firma Gentix nach Frankreich. Sie trifft zwar
bei Gentix den verdächtigen Adam Clarence nicht an, er und
seine Frau starben bei einem Unfall, aber der Bruder des Verunfallten,
Christopher Clarence, hilft ihr, die Hintergründe für den Einsatz von
LS 34 aufzudecken. Was mit einem angeblichen Fall von Selbstmord begann, wird
nun zu einem großen Verbrechen mit internationalen Strippenziehern.
Der Pinguin 2: Kampf um Gothams Unterwelt (Tom King/Rafael De Latorre, Panini 2024, 132 S., SC, farbig)
Sein Leben als Blumenhändler in Metropolis ist zuende. Der Pinguin
(d.i. Oswald Cobblepot) hat sich von einer Regierungsagentin zwingen lassen, in
Gotham gegen seine Kinder Addison und Aiden
anzutreten (s. Der
Pinguin 1). Diese haben nach seinem Weggang die Kontrolle über die
kriminelle Unterwelt Gothams übernommen. Die Behörden versprechen sich von
Cobblepots Rückkehr eine Verbesserung der Lage, so sehr auch Deals mit
Superschurken nicht nur taktisch, sondern auch moralisch äußerst fragwürdig
sind. Ob der Nutzen den kommenden Schaden wohl rechtfertigt? Man geht über
Leichen. Vor allem muss man beim Pinguin immer mit einem hinterlistigen Plan
rechnen, der ihm viel mehr einbringt, als seinem Handelspartner. – Diese
aus zwölf US-Heften bestehende Pinguin-Maxiserie, die auf Deutsch in zwei
Bänden erscheint, zeigt einen Cobblepot, der stets so wirkt, als hätte er noch ein
As im Ärmel, der nicht davor zurückschreckt, seine eigenen Kinder in die Pfanne
zu hauen, der sich von Batman verprügeln lässt, aber nicht
eingeschüchtert wirkt. Und dem Batman, der hier glaubt, alles im Alleingang
klären zu können, selbst als die Tagesstätte, das Vermächtnis seiner Mutter, in
die Luft fliegt, fällt nichts Klügeres ein, als sich auf Glück und Gewalt zu
verlassen. Ob Eisbären beim Verhör von Black Spider (d.i. Eric
Needham) wirklich helfen können, dem Pinguin auf die Schliche zu kommen?
Spirou und Fantasio 55: Das Gedächtnis der Zukunft (Benjamin Abitan/Sophie Guérrive/Olivier Schwartz, Carlsen 2025, 64 S., SC, farbig)
Wenn der bis zu 8 Meter lange Schwanz des Marsupilamis zu flimmern anfängt,
was kann das bedeuten? Wir erinnern uns, dass schon im ersten Band dieser
ungewöhnlichen Geschichte überaus Unglaubliches passierte, als wir vom Tod von Spirou
erfuhren. Spirou und Fantasio waren in die Unterwasserstadt Korallion 2.0
gelangt, die ihren Gästen in 200 m Tiefe Entspannung versprach. Sie gerieten in
einen Müllschlucker und überlebten dort unten dank des Pilzshampoos vom
Grafen von Rummelsdorf. Es stellte sich heraus, dass verbesserte Zyklostrahlen
und ein leistungsfähiger Zentralcomputer, den Gästen von Korallion 2.0 ihr
Urlaubserlebnis verschaffen. Während Spirou leblos unter Wasser zurückbleibt,
kann sich Fantasio retten und die Jubiläumsfeier "70 Jahre Carlsen Verlag" noch
erreichen, wo er erfährt, dass jetzt Steffani den Platz von Spirou einnehmen soll.
– An dieser Stelle setzt die Fortsetzung in diesem Album ein. Sehr bald
erfahren die Lesenden, dass Spirou, Fantasio und Zyklotrop in KI-gesteuerten
Blasen von Korallion stecken, dass die Pfeilschwanzkrebse in der Nähe riesig
werden können, dass Steffani tatsächlich einen wichtigen Platz einnimmt und
dass das Marsupilami wieder in einem Spirou und Fantasio-Album mitwirken darf,
was dem Zentralrechner Korallions einiges abverlangt.
Leviathan 3 (Shiro Kuroi, Carlsen 2025, 180 S., Tb., schwarzweiß)
Es geht auf das Finale zu. Der Sauerstoff im havarierten Raumschiff reicht nur
noch für wenige Stunden. Bis dahin sollte sich entschieden haben, wer von den
SchülerInnen die rettende Kälteschlafkapsel nutzen kann. Nur dieser eine Platz
steht zur Rettung eines der weltraumreisenden Jugendlichen zur Verfügung (siehe auch Leviathan
2). Sie bringen sich folglich nach und nach gegenseitig um. Unter den
aussichtsreichsten Kämpfern ums Überleben befinden sich Kazuma
Ichinose, der ein Tagebuch schreibt, und Futaba Nikaido, die
recht durchsetzungsfähig zu sein scheint. Aber auch für die Klassenkameraden
San Mikami und Yo Yahata scheint die Lage noch nicht
ganz aussichtslos zu sein. – Geraume Zeit nach dem Unglück dringen
Wrackräuber auf der Suche nach wertvollen Überbleibseln in das Raumschiff ein.
Sie versuchen nachzuvollziehen, was damals geschehen ist und wer es letztlich
in die Kälteschlafkapsel geschafft hat. Dazu stehen ihnen Ichinoses Tagebuch
und die Aufzeichnungen eines Roboters zur Verfügung, im Manga bei der
Wiedergabe durch verschiedene Schraffuren um die Panels kenntlich gemacht.
Dabei ergeben sich Widersprüche, die die Räuber rätseln lassen. Im Raum mit
der Kältekapsel erwarten die drei Räuber gleich mehrere Überraschungen. Sieht
man den Namen "Leviathan" des Raumschiffs als einen Hinweis auf die
Mythologie an, also als einen Fingerzeig auf eine Instanz des Bösen, so liegt
man jedenfalls nicht verkehrt.
Batman: Stumme Schreie (Archie Goodwin/Scott Hampton, Panini 2024, 100 S., HC, farbig)
Über Fälle von Misshandlung und Missbrauch von Kindern wird auch bei uns oft
berichtet. Die Dunkelfeldforschung spricht davon, dass "jeder siebte bis achte
Erwachsene in Deutschland sexuelle Gewalt" erlitten hat. Hinzu kommen andere
Formen von Gewalt und Vernachlässigung. Das Batman-Album "Stumme Schreie"
greift das Thema auf und nennt für die USA eine Anzahl von 650.000 Fällen
solcherart Gewalttaten pro Jahr. Dass Gewalt Gewalt erzeugen kann, entnimmt
man dieser Erzählung über grausige Mordfälle, die sich dank des beharrlichen
Nachhakens von Commissioner James "Jim" Gordon in Verbindung
bringen lassen. Jim, frisch berufener Commissioner Gothams, lässt nicht locker,
auch wenn er sich dadurch um seine Familie zu wenig kümmert. Da hat es
Batman einfacher, als er niemand hat, der unter seiner Abwesenheit leidet. Aber
dennoch muss er aufpassen, dass er seine Rolle als Bruce Wayne so spielt, dass
man seine blutigen Fäuste nicht für Zeugen eines Kampfes hält. Also spielt er
den Tölpel, der überall gegenrennt, als ihn der Psychologe Dr. Bryan
McLean und seine Schwester Sybil bei einer Spendengala auf
seine aufgeschlagenen Knöchel ansprechen. Das Geschwisterpaar sammelt Geld
für ein "Safe House", in dem misshandelte Kinder Aufnahme und Therapie finden
sollen. Bruce Wayne/Batman unterstützt sowohl dieses Vorhaben, als auch die
Aufklärungsarbeit des Commissioners. Auf seine eigenen traumatischen
Erfahrungen mit Gewalt als Kind angesprochen, meint Bruce mit diesen
umzugehen gelernt zu haben. Doch das schaffen wohl nur die wenigsten.
Der Hafen der Geheimnisse 5: Familiengeheimnisse (Pierre Gabus/Romuald Reutimann, Carlsen 2025, SC S., 48, farbig)
Es sind wenigstens vier Fragen, die uns Lesende dieser mysteriösen
Geheimmisgeschichte aus New Cherbourg beschäftigen: Was verursacht diese
Teufelswirbel, die so viel Aufregung in die Stadt bringen und sogar die
Spionageabwehr auf den Plan rufen? Werden sich die beiden steinharten Brüder
Émile und Emil Glacère wieder versöhnen, nachdem sie
sich im vierten Band von "Der Hafen der Geheimnisse" wegen ihrer
Mutter Clara entzweit haben? Wird die in Ausbildung befindliche
Spionageagentin Julienne Collenot wieder mit ihrem boxfreudigen
Freund John Treburt zusammenkommen, der im Gefängnis sitzt?
Werden die Gründler und ihre menschlichen Helfer in ihrer Unterwasserstation die
verletzten, winzigen Suiden heilen können, die für die Unterwasserwelt offenbar
bedeutend sind? Die in mehrerlei Hinsicht verzwickte Lage, in der die Suche nach
einem Foto von einem Teufelswirbel einige ärgerliche und gewalttätige Einbrüche
zur Folge hat, scheint auf weitere Figuren hinzuweisen, die Interessen in dieser
Sache durchsetzen wollen. Derweil sitzt Julienne in ihrer geheimen Schule, um
zu lernen, was man als künftige Geheimagentin wissen sollte, wie man also zum
Beispiel einen Bischof, einen General und eine Gräfin bei Tisch platzieren sollte.
Hmm, da gibt es für Julienne wirklich Wichtigeres zu tun. Irgendwann platzt ihr
sicherlich der Kragen.
Der Schleuser (Piero Macola/Christophe Dabitch, Schreiber & Leser 2024, 224 S., HC, farbig)
In der Lagune von Venedig kennt sich der Junge Paolo Vaccari gut
aus. Sein Vater Gabriel, ein Fischer, hat ihm beigebracht, wie man
sich in dieser Wasserlandschaft mit seinen vielen Inseln zurechtfindet. Die
Fluttore des MO.S.E.-Projekts sind fertiggestellt und können die drei Zufahrten
zur Lagune versperren. Sich ein- und ausgesperrt fühlen, das beschreibt die Lage
der Menschen, die ohne Aufenthaltsgenehmigung in Venedig leben. Dazu gehört
Shaza, die in der Wäscherei von Ahmad, einem Freund
von Paolo, fast wie eine Sklavin arbeitet. – Eines Tages ist Gabriel
verschwunden. Paolo sucht seinen Vater überall. Auch sein lebensunlustiger
Großvater kann ihm nicht helfen, sondern belastet ihn noch mit weiteren,
aufwühlenden Erwartungen. – Paolo und seine Freunde Ahmad, Luca und
Fausto versuchen mit einem Drogendeal Geld zu machen. Das allein ist schon ein
gefährliches Unternehmen. Aber noch riskanter wird es, als Ahmad und Paolo
Schleuser dabei beobachten, Flüchtlinge auf eine Laguneninsel zu bringen. Paolo
forscht daraufhin im Schleusermilieu nach seinem Vater. – Die Grafik
dieser Erzählung gibt dank der gewählten, von Wasserfarben oder Tempera
unterstützten Malweise die nicht selten neblige Stimmung in der Lagune
Venedigs wieder und vermittelt auch durch die Blicke auf typische Bereiche der
Gegend einen authentischen Eindruck von einer Lage, aus der nicht zuletzt Shaza
zu entkommen hofft.
Der Vagabund der Vergangenheit 3: Das Ende der Gewissheit (Christian Godard/Julio Ribera, Kult Comics 2024, 232 S., SC, farbig)
Dieses Mal sind unter den vier Erzählungen mit den Erlebnisse von Axle
Munshine und der Eternautin Musky gleich drei deutsche
Erstveröffentlichungen. In diesen uns bisher unbekannten Episoden geht es um
die "Endzeitbestie", um die "Maske des Kôhm" und die "Wölfe von Kôhm". Jede
der vier Geschichten wird, wie von den bisherigen
Vagabund-der-Unendlichkeit--Sammelbänden her gewohnt, umrahmt durch
phantastisch gesponnene Einleitungen, deren feine Übersetzungen ins Deutsche
einen Könner seines Fachs ausweisen. So geraten die Lesenden leicht mit hinein
in die von Seltsamkeiten wimmelnde Welt der Raumreisenden. – Zunächst
landen Axle und Musky auf einem Planeten mit einem Quetzalitzfeld, weil der
Akku des Silberdelphins leer ist. Der Planet bietet also so etwas wie
eine Ladesäule für ihr Raumschiff, besitzt aber auch ein sehr herausforderndes
Labyrinth, in das sich Axle und Musky auf der Flucht vor der Purpurgarde
verlaufen. Sie überleben einen Kolbenwald wie in einem Videospiel und landen in
einem erotischen Ambiente, dem sie entkommen, als Axle den nötigen Hebel
dafür in Betrieb setzen kann. – Doch dann erreichen sie
Ouroboros am Rande eines Schwarzen Loches. Das allein ist schon
die Erzählung wert, aber hinzu kommt etwas, das die Beziehung zwischen Musky
und Axle leidvoll verkompliziert. – Einem Khômedianten seine Marke
abnehmen, das ist die nächste Aufgabe, die man Axle andient und die er mit
Aussicht auf eine halbe Stunde Zeit mit seiner Shimere annimmt
(siehe Vagabund der Unendlichkeit 2), sehr zum Verdruss von
Musky. Drücken wir Musky die Daumen, dass es für sie ein glückliches Ende
nimmt.
Marvel Must-Have 98: Vision (Tom King/Michael Walsh/Gabriel Hernández Walta, Panini 2024, 276 S., HC, farbig)
Selbst für einen so fähigen Androiden wie Vision ist es offenbar das
Traumziel, mit einer ganz durchschnittlichen US-amerikanische Familie in einem
eigenen Haus in einer US-Vorstadt zu leben. Vision arbeitet bei den
Avengers und rettete mit diesen schon 37 Mal die Welt. Er könnte
sich also eigentlich auf seinen Lorbeeren irgendwo an einem lauschigen
Plätzchen im Sonnensystem ausruhen, aber er strebt zu einem Dasein in einer
Muster-Familie, so wie sich eine KI ihre Wirklichkeit aus gelernten
Mustervorlagen zusammenmischt. Dazu gehört, dass er sich seine Frau
Virginia erschafft und mit ihr die Zwillinge Viv und
Vin bekommt. Die Zwillinge müssen dann auch zur Schule gehen,
weniger wegen des Schulstoffs, den sie sich auch anders verfügbar machen
könnten, als vielmehr wegen der sozialen Kontakte, wegen des Normalseins.
Doch wie lange kann Visions Vorstellung von einer normalen, fröhlichen und
zufriedenen Familie ungetrübt fortbestehen, wenn Viv und Vin wegen ihrer Kräfte
in der Schule Ärger kriegen, wenn die Familie von Gestalten aus der
Vergangenheit aufgespürt und attackiert werden können? "Die Antwort für Vision
war, er würde weitermachen. Er würde reparieren. Was nicht zu richten war, würde
es verstecken. Er würde Familie haben." Für seine Familie baut Vision aus Teilen,
die im Garten liegen, sogar einen Hund, Wuff. Ob das hilft?
Death be Damned - Patay kung patay · Wenn du tot bist, bist du tot (Mike Alcazaren/Noel Pascual/Aj Bernardo/Josel Nicolas, Dantes Verlag 2024, 240 S., SC, dreifarbig)
"Wird es am Ende Überlebende geben?", fragt der Locktext auf der Buchrückseite.
Das ist bei diesem schwarz-weiß-roten Comic aus philippinischer Feder
tatsächlich die Schlüsselfrage, die die Lesenden umtreibt, wenn sie dem
Fernsehteam um die High-Society-Reporterin Grace Tecson auf ihrer
Recherche folgt. Graces Begleiter, der Produzent Mark Macalino und
der Kameramann Jun Sabayton fahren zur Hacienda
Muguerza, um dort vielleicht etwas über das Model Chai
Lopez und dem leichtlebigen Alfredo "A-3" Muguerza III
herauszufinden. – Schon auf der Fahrt zur Hacienda treffen sie auf ein
Mädchen, das den zeichnerischen Andeutungen nach, mit mysteriösen
Fähigkeiten ausgestattet ist. Um vieles später erfährt man, dass dieses kleine,
rotgekleidete Mädchen die Zombie-Meisterin Dolores Sakay ist, die
bei den folgenden Auseinandersetzungen ihre Horrorschar gegen die Clique
loslässt, die in der Hacienda ihren finsteren Geschäften nachgeht. – Nicht
jedem gefällt, dass die Presse eingeladen ist, aber Grace wird aus
nichtberuflichen Gründen in die Hacienda eingelassen, während Mark und Jun
draußen bleiben müssen und so Zeuge eines ersten Gefechts zwischen der
Schutztruppe der Hacienderos und den Zombie-Horden werden, die sich
durchzusetzen wissen. Vielleicht hilft da nur, schnell in einem Panikraum zu
verschwinden, falls man einen hat.
Barcelonas dunkles Herz (Denis Lapière/Gani Jakupi/Rubèn Pellejero/Eduard Torrents/Martin Pardo, Schreiber & Leser 2024, 144 S., HC, farbig)
Als ihr Zug 1948 im Bahnhof von Banyuls-sur-Mer eintrifft, hoffen die spanischen
Reisenden, von der französischen Polizei nicht zurückgewiesen zu werden. Unter
ihnen ist auch Carlos Moreno Vargas, Sohn eines Gemüsehändlers in
Barcelona, der vorgibt, eine Stelle bei einem Verwandten in Marseille antreten zu
wollen. Die Nationalpolizei lässt ihn weiterfahren. Das Glück hilft Carlos in
Perpignan bei Jocelyne Arbeit und Zuneigung zu finden. Es reift ein
Plan heran, wie er mit Jocelynes Hilfe seinen Vater unterstützen kann. –
In einer Rückblende erfährt man, welches Trauma Carlos viele Jahre zuvor erlitten
hat: Seine Mutter wurde von einem Serienmörder getötet und mit einem
Blutkreuz auf der Bauchdecke markiert. So zugerichtet sah Carlos sie. Der
Druckereibesitzer Don Alejandro Freixas nimmt sich des verstörten
Kinds an. – Der faschistische Polizeibeamte José Santos
Pedregal wird zur Kriminalpolizei versetzt, die die Mordfälle aufzuklären
versucht. Eher zufällig gelingt Pedregal das tatsächlich, er glaubt sich nun als
Held, der es verdient, den Gemüseladen von Carlos' Vater für wenig Geld in
seinen Besitz zu bringen. Carlos kann dank Don Alejandro nicht nur den
Nachstellungen Pedregals entgehen, sondern beginnt unter den Gegebenheit der
Franco-Zeit sogar ein sehr auskömmliches Leben anzustreben. Dieser Comic
erzählt eine fesselnde Lebensgeschichte, die zwischen Spanien und Frankreich
spielt, wo eine Zirkelspitze keine Kompassnadel ist.
Sillage 23: Immersion (Philippe Buchet, Carlsen 2025, 48 S., SC, farbig)
Als sich Nävis und Bekkya der Barriere von Tzom'pantli
nähern, wird es ernst. Hinter diesem Schild aus Millionen Schiffswracks, den
traurigen Resten einer immensen Weltraumschlacht, beginnt die Zone, in der die
Leute von Sillage nicht willkommen sind, schon gar nicht die Agentin Nävis, die
es mit Gestaltwandlern aufnimmt (siehe Sillage 22). Und auch wenn Nävis' Herkunft nicht gleich
aufgedeckt wird, so fängt sie sich umgehend Probleme ein, als sie sich mit
Bekkya anfreundet, einer Frau aus dem Volk der Gurr-khaa, deren gefürchtete
Söldner in der Schlacht von Tzom'pantli auch für die Gegenseite kämpften. Das
ist zwar schon ewig lange her, aber die Gurr-khaa werden noch immer schikaniert.
So etwas geht Nävis gegen den Strich. Sie hält zu Bekkya. Das wird ins Auge
gehen. Nävis bemerkt das schmerzhaft. Nur unterkriegen lässt sich diese
gewandte Kämpferin mit menschlichen Wurzeln natürlich nicht. –
Unterdessen kommt auch Nävis geniale Freundin Juliet in eine
entsetzliche Lage. Ihrer gehörnten Kameradin Bassachy droht
Schreckliches, wenn Juliet nicht kooperiert. – Damit ist wirklich genug
Stoff für eine spannungsgeladene Handlung gegeben. Bleibt nur die Frage, warum
der Titel des Albums 'Immersion' lautet? Nun gut, Nävis wird sicherlich auch
dafür eine Antwort finden.
Brian Bones 4: DS 29 (Rodolphe/Georges van Linthout, Kult Comics 2024, 48 S., HC, farbig)
Der Mineralöl- und Verbrennerlobby ist alles zuzutrauen, wenn sich alternative
Antriebe durchzusetzen drohen. Kein Wunder also, dass Wilcroft B. Wilcroft
höchst misstrauisch ist, als er seinen Prototyp eines Citroën DS 29 nach
Paris verschiffen lassen soll, um ihn dort der Firmenzentrale vorzustellen. Dieser
geniale Erfinder Wilcroft B. Wilcroft hat es tatsächlich geschafft, aus Rübensaft
und einem besonderen Additiv einen Treibstoff herzustellen, der dem Benzin
überlegen ist. Den so angetriebenen Prototyp des DS 29 möchte er nun
versichern lassen. Wie immer wird Brian Bones hinzugezogen, wenn
es um heikle Fälle geht (s. dazu auch Brian Bones 3), bei denen der mögliche Schaden seiner
Versicherungsgesellschaft die Ernte zu verhageln droht. – Brian kann sich
diesem besonderen Abenteuer nicht entziehen. Argwöhnisch achtet er bei der
Überfahrt auf verdächtige Personen und kennt auch seine eigenen
Schwachstellen, denen er dieses Mal nicht erliegen möchte, obwohl ihm Elizabeth
"Betty" Dowentry sehr gefällt. – Wie sehr der Argwohn
berechtigt ist, wird sich noch zeigen, aber überraschend doch in mehrfacher
Wendung so, wie es der Lesende nicht erwartet. So erhalten sogar Kohlrabi und
Brokkoli ganz hinten noch einen Platz.
Harley Quinn (4. Serie) 2: Chaos im Multiversum (Tini Howard/Sweeney Boo/Kelley Jones et al., Panini 2024, 212 S., SC, farbig)
Sich im Multiversum zu tummeln, das wird für die AutorInnen ein Hauptspaß sein,
müssen sie sich doch nicht an feste Muster halten, um die Figuren
wiedererkennbar und in allseits bekannter Weise zu zeigen. Zwar wird man der
quirligen Harley Quinn zugestehen, in jedem der Erden des
Multiversums den großen Hammer zu schwingen, aber die Ausformungen der
Clownprinzessin reichen dank der Phantasie der SzenaristInnen von einer
gewissenhaften Professorin, die verantwortungsvoll auf ihre Schüler achtet, bis
zu Harley.exe, einer künstlich generierten, elektrorealistischen
Version ihrerselbst. Die LeserInnen können sich also auf einen bunten Ritt durch
mehrere Erden gefasst machen (s. auch Dawn of DC), in denen auch die heißgeliebte Poison
Ivy abwarten muss, wie sich der Tod von Harely auf Erde 26
erklären lässt, wie das weitergeht und ob da überhaupt noch etwas zu machen
ist. Zum Glück eilt der multiversale Detektiv Lux Kirby Harley zu
Hilfe und auch ihre beiden Hyänen Lou und Bud
versehen ihre multiversalen Rollen zufriedenstellend. Oder haben sie etwas mit
dem Mord an ihrer parallelen Wesenheit zu tun? Harley klagt: "Es ist gerade...
nicht leicht, eine Harley Quinn zu sein... egal wo im Multiversum."
– Im hinteren Teil dieses Bands sind kürzere Geschichten abgedruckt,
darunter eine von Sam Maggs und Kelley Jones, die uns so etwas wie ein
Idealbild von Harleys Liebe zu Poison Ivy zeichnet: "Willst du dann mein
Mädchen sein? Für immer?"
Zum Sterben schön (Jean-Michel Beuriot/Philippe Richelle, Schreiber & Leser 2024, 88 S., HC, farbig)
Auf einem trostlosen Stellplatz für Wohnwagen ganz im Süden von Spanien, in
Sevilla, sucht ein rothaariger Mann, von dem wir später erfahren, dass er
Zopko heißt, nach einem Mann, der sich als Gitarrespieler in den
Hotels der Gegend durchs Leben schlägt. Zur gleichen Zeit hängt
Hugo tausend Kilometer weiter nördlich, in Barcelona, seiner tristen
Stimmung nach. Weder weiß man, was den einen so beharrlich antreibt, dass er
auch eine wilde Schlägerei in Kauf nimmt, um den Gitarrespieler zu finden, noch
weiß man, was den anderen abwartend in seiner Wohnung sitzen lässt, bis ihn
ein Telefonanruf von der ihm unbekannten Amalia Soler aus der
Nähe von Sevilla, bei Utrera, so auf die Beine bringt, dass er die weite Fahrt in
seinem roten VW Käfer bis zu Amalia und ihrem geistig eingeschränkten Sohn
Luis auf sich nimmt. Bald stellt sich in dieser spannenden
Erzählung heraus, dass es in beiden Fällen um eine Frau geht. Amalia spricht von
einem "hübschen Ding, langes braunes Haar". Der nach dieser Frau suchende
Hugo wird zwar von einer hellsehenden Blinden gewarnt ("Ich spüre eine dunkle
Wolke über deinem Kopf, den Geruch von Blut und Tod."), lässt sich aber nicht
aufhalten. Und auch Zopko bleibt beharrlich auf der Spur des Gitarrespielers und
dessen Begleiterin. Endlich trifft Hugo in Algeciras auf Maria. Sie hat
langes, braunes Haar.
Victor Sackville - Integral 1 (Francis Carin/Gebrielle Borile/François Rivière, Kult Comics 2024, 168 S., HC, farbig)
Das "Zimmermann-Telegramm", durch das die deutsche Militärpolitik im Januar
1917 auf geheimem Weg und in verschlüsselter Form ein Bündnis mit Mexiko
gegen die USA zu erreichen hoffte, gab es wirklich. Die Spionagegeschichte in
diesem Band beruht also auf historischen Tatsachen, bei dem es – wie
später auch am Ende des Zweiten Weltkriegs – auf die kryptografischen
Fähigkeiten beider Seiten ankam. Der britische Geheimdienst wollte dazu an die
Codebücher heran, die die deutschen Diplomaten benutzten. Man wusste, dass
es ein solches in Brüssel gab. – An dieser Stelle setzt die Erzählung der
ersten beiden Comics dieses Buches ein, in der die Geheimagenten Victor
Sackville und Diane Corman von dem Spezialisten Otto
Klagen eine Abschrift des Codebuchs erhoffen. Doch das dauert, da man
das Buch nicht einfach stehlen möchte, um keine Gegenreaktion auszulösen.
– Das zweite Spionageabenteuer dieser Integral-Ausgabe trägt den Titel
"Der Spiegel der Sphinx" und führt in einen für Victor Sackville komplexen Fall, bei
dem es in Kairo um eine Finte geht, die den englischen Truppen einen Vorteil in
der Auseinandersetzung an der Palästinafront verschaffen soll. Der mysteriösen
Gräfin Despina kommt dabei eine wichtige Rolle zu. Was hat sie
vor? Ist sie wirklich eine Gräfin?
Blade Runner Origins 3: Feuer (K. Perkins/Mellow Brown/Fernando Dagnino, Panini 2024, 116 S., SC, farbig)
Die Lage spitzt sich zu. Die Replikanten der Nexus-Modellreihen stehen durch
Ilora Stahl, Managerin der für die Nexus-Produktion verantwortlichen
Tyrell Corporation, vor ihrer völligen Vernichtung. Die kräftigen,
robusten und immer menschenähnlicher handelnden Replikanten werden durch
ihren Drang nach Selbstbestimmtheit als große Gefahr eingeschätzt. Ilora lässt
durch ihre Milizionäre den ganzen Stadtsektor 6B in Schutt und Asche legen, in
dem sich die humanoiden Roboter aufhalten. Aber die Replikantin
Asa, die mit dem Bewusstsein der begnadeten Tyrell-Entwicklerin
Lydia Kine ausgestattet ist (siehe dazu Blade Runner Origins 2),
und ihre Verbündeten lassen sich durch Ilora auf diese brutale Weise nicht alle
auslöschen. Der weißhaarige Polizist und spätere erste Blade Runner Cal
Moreaux steht auf der Seite von Asa und seiner in einem Nexus-5-
Prototypen replizierten Schwester Nia, die auf die für sie nahe
liegende Idee kommt, Ilora zu töten. Aber wäre das nicht ein bloßer Racheakt?
Wird das die feindselige Auseinandersetzung zwischen Menschen und
Humanoiden beenden können? – Der Chef Eldon Tyrell denkt
zur Vermeidung zukünftiger Probleme an ein "Not-Aus" und an eine begrenzte
Lebenszeit für die Replikanten seiner Firma. Wir wissen, dass das später so
kommen wird, aber erst einmal ziehen Nia und Cal ihren blutigen Plan durch...
(adi)
Planetes 2 (Makoto Yukimura, Carlsen 2024, 360 S., SC, schwarzweiß)
Planetes 3 (Makoto Yukimura, Carlsen 2024, 336 S., SC, schwarzweiß)
Der Astronaut Hashirota "Hashimaki" Hoshino, dessen Traum es ist,
eines Tages ein eigenes Raumschiff zu besitzen, setzt weiterhin alles daran, sein
Bewerbungstraining für die Forschungsreise zum Jupiter erfolgreich fortzusetzen.
Auch nach einer Bruchlandung auf dem Mond (zum Glück nicht auf dessen
Sonnenseite), gibt er seinen Lebensplan nicht auf und bereitet sich auf die
siebenjährige Reise zum Jupiter vor. Zur Übernahme seiner bisherigen Aufgaben
auf dem Weltraum-Müllsammler DS-12 ist Ai Tanabe vorgesehen.
Hachi soll seine Nachfolgerin anlernen, doch Ai erweist sich zu Hachis Leidwesen
als noch nicht weltraumfest. Dennoch kann Ai den strebsamen jungen Mann so
beeindrucken, dass er nach dem Unfall auf dem Mond ins Grübeln gerät. Die
Versuche seines Vaters Goro und seiner Kollegin Sally
ihn wieder aufzurichten scheitern. Wird er in diesem Zustand die Reise bis zum
Jupiter schaffen? – Der abenteuerliche Flug durch unser Sonnensystem
steht in dieser Erzählung nicht im Vordergrund. Einerseits beschreibt der Autor
das familiäre Umfeld der Hauptfiguren bis hin zum Ärger mit Nachbarn, die das
Gebell von Hunden in der Wohnung stört. Andererseits wird deutlich gemacht,
was es für Auswirkungen haben wird, wenn es durch Kollisionen zu einer
lawinenartigen Ausbreitung von Weltraumschrottteilen kommt (siehe auch Planetes 1). (adi)
Dezember 2024
Spirou und Fantasio Spezial 43: Die Schweinebucht (Elric Dufau/Clément Lemoine/Michaël Baril, Carlsen 2024, 64 S., SC, farbig)
Die von den USA angeleitete Invasion in der Schweinebucht scheiterte 1961 krachend. Mit dem Angriff von Exil-Kubanern sollte die Regierung Fidel Castros gestürzt werden. Die kubanische Armee konnte die von der CIA geführte Invasion abwehren. Erstaunlich, dass man dieses militärisch brisante Ereignis nun in einem Funny aufgreift, in dem man mit Spirou, Fantasio, Steffani, dem Marsupilami und mit dem alles entscheidenden Gamma-Atom-Generator (G.A.G.) das Ganze lustig einzukleiden versucht. Dabei haben nicht nur der damalige US-Präsident John F. Kennedy, sondern auch Che Guevara und eine Art Lucky Luke, jedenfalls dem Aussehen nach, ihren Auftritt. Die Sprechblasentexte sind mit Ausdrücken aus den vor Ort benutzten Sprachen angereichert. Insbesondere Fantasio versucht sich sprachgewandt ("It rolls, my chick!"). Währenddessen sammelt Steffani Eindrücke vom kubanischen Staatswesen, was ihr bezüglich der journalistischen Freiheiten einiges deutlich macht. Fantasio gerät in die missliche Lage, für Fidels nervigen Söhnchen Fidelito den Clown geben zu müssen. Als sich dazu das Marsupilami einmischt, wird das für Che schmerz- und für die Party lebhaft. (adi)
Marvel Must-Have 101: Wolverine Origin (Paul Jenkins/Andy Kubert, Panini 2024, 172 S., HC, farbig)
Als die sechs Hefte mit der Herkunftsgeschichte von Wolverine bei Panini in Deutsch 2002 herauskamen, waren sie dank Artwork und Inhalt erfolgreich. Jetzt erhält man die ganze Geschichte in einem Hardcoverband der "Must-Have"-Reihe. Darin erfahren die LeserInnen durch die Tagebucheinträge von Rose, die als Gesellschafterin für den kränklichen James ins Haus der begüterten Familie Howlett kommt, von deren leidvoller Vergangenheit. Der dortige Gutsverwalter heißt Logan. Wie jedem Marvel-Connaisseur bekannt, ist 'Logan' auch der Rufname von Wolverine. Das bringt einen umgehend und fälschlich zur Annahme, dass aus dem ruppigen Logan-Sohn Dog später der mit ausfahrbaren Adamantium-Krallen bewehrte Kraftprotz Wolverine wird. Ha, nein, es kommt anders. Nach dem nächsten familiären Schicksalschlag der Howletts verlassen Rose und James vertrieben von James' Großvater das Unglückshaus und setzen sich in ein Camp von Minenarbeitern ab. Für den schlappen James aus vornehmem Hause ist die harte Arbeit kein Zuckerschlecken, Rose gelingt es aber, mit ihm zusammen in der rauen Welt Kanadas ein zufriedenstellendes Auskommen zu finden. Doch dabei bleibt es natürlich nicht... (adi)
Max & Luzie Neue Abenteuer 1 - In der Antike (Federico Frizzanti, Kult Comics 2024, 56 S., HC, farbig)
Die abenteuerlustigen Schüler Max und Luzie fliegen wieder durch Raum und Zeit. Wie immer angeleitet durch den neugierigen Erfinder Kieks landen die Chrononauten dieses Mal in Alexandria und bei Platon in Griechenland. Dieser Band enthält also zwei Erzählungen, die die bis 2002 in einer Kundenzeitschrift erschienene Serie mit neuem Autoren grafisch und inhaltlich gelungen fortsetzt. Das Luftfahrrad besitzt mittlerweile eine Zusammenfaltautomatik, sehr praktisch, wenn man das gute Stück durch die Gegend schleppen muss. Nach der üblichen Bruchlandung, dieses Mal nach recht heftigem Aufprall auf den famosen Leuchtturm von Alexandria und der Landung auf einigen römischen Legionären, geht es in die ebenso weltberühmte Bibliothek des Ortes. Sogar Julius Cäsar ist dort auf der Suche nach technischen Neuheiten, während Kieks etwas über Atlantis erfahren möchte. – Im antiken Griechenland fallen die Raum-Zeit-Radfahrer Wegelagerern in den Händen, die ihnen ihr Fluggerät rauben. Das entmutigt die drei Reisenden gar nicht. In einem Theater hören sie gut gereimte, "saukomische" Texte und raten Aristoteles zu Hexametern. Platon finden sie letztlich auch, der ihnen zu Erkentnissen über Höhlengleichnis und Atlantis verhilft. Und ein Schwerkraftanker hilft ihnen ebenfalls. (adi)
Die neuen Russen 2: Die Zukunft leuchtet hervor (Pierre-Henri Gomont, Schreiber & Leser 2024, 112 S., HC, farbig)
Die neuen Russen 3: Der mächt'gen Geier Fraß (Pierre-Henri Gomont, Schreiber & Leser 2024, 112 S., HC, farbig)
Slava Seganov und Dimitri Lawrin setzen ihren abenteuerlichen Weg durch das Russland der 1990er Jahre fort, der sie zu einem Bergwerk führte, das deren Arbeiter in eigener Regie weiterführen wollen, statt sich mit Mann und Maus dem Raubtierkapitalisten Morkhoff auszuliefern. Slava zeigt wenig Ehrgeiz, sich durch halbseidene Geschäfte zu bereichern. Da ist Lawrin ganz anders. Sein Motto "Das Schöne am Kapitalismus ist nicht, dass du alles kaufen kannst, was du willst, sondern dass du alles an alle verkaufen kannst" treibt ihn an, in der postsowjetischen Zeit möglichst viel vom ehemaligen Volkseigentum zu versilbern und in die eigene Tasche zu stecken. Doch dabei sollte er den örtlichen Unterweltboss Trubetskoy besser nicht hintergehen. Lawrin beachtet dieses Regel nicht. Er hat schmerzlich dafür zu büßen. Er überlebt nur dank der Säge eines Zahnarztes. Der Künstler Slava hingegen will den Bergwerksleuten in ehrlicher Weise helfen, motiviert durch seine Liebe zu Nina und seinen unverhofften Erfolg bei Trubetskoy. Im Moment ist weder Lawrin mit seinen abgezockten Ideen zum Geldmachen am Ende, noch das Bergwerk für Ninas Leute gerettet. – Der Autor dieser dreibändigen Erzählung findet die passende Form und den richtigen Ton, die Wandlung der russischen Wirtschaft bis hinein in die Putin-Ära locker zu beschreiben. Dabei spielt Lawrin die Rolle des von Korruption durchsetzten Systems, während Slava das Muster des redlichen Mannes vertritt, der sich für die Arbeiter und seine kleine Familie ins Zeug legt. Man weiß aus der jüngeren Geschichte, welche der neuen Russen gewonnen haben. Wird Slava also den Kürzeren ziehen? (adi)
Hexagon Bridge (Richard Blake, Cross Cult 2024, 160 S., HC, farbig)
Die Vorstellung, dass es zwischen parallelen Universen Brücken gibt, ist faszinierend. Ob es die USS Voyager ist, deren Shuttles durch eine spatiale Krümmung verschwinden, oder ob Perry Rhodan Angriffe durch Wurmlöcher auf das Solsystem befürchten muss, die Phantasie oder der Forschergeist von uns Kosmologen wird durch solche Erzählungen herausgefordert. So ging es auch den Eltern von Adley, den Wissenschaftlern Jacob und Elena Armlen, die einen solchen Übergang kartografieren wollten. Doch von dieser Mission kamen sie nicht zurück. Der bösartige Gerardus hat sich Elena und Jacob aus einer Wolke von Raum- oder Zeitscherben herausgefischt und hält sie gefangen. Adley spürt das. Sie macht sich von der Forschungsstation Hexagon 12 aus auf, ihren Eltern zu helfen. Großé Hoffnungen kann sie dabei auf Staden setzten, eine hochentwickelte KI-Einheit, die sie auf der Suche nach ihren Eltern begleitet. Wie seinerzeit Moebius seine Sternenwanderer im Citroën Traction Avant im All herumfahren ließ, so greift Richard Blake auf ein schlichteres Modell dieses Autoherstellers zurück, um die Forscher-KI Dutois und Staden durch die seltsame Welt hinter der Brücke schweben zu lassen, die nicht nur grafisch eindrucksvolle Perspektiven erkennen lässt. (adi)
Lucky Luke 102: Letzte Runde für die Daltons (Achdé/Jul, Egmont 2024, 48 S., SC, farbig)
Lucky Luke geht seiner täglichen Arbeit nach, Rinder treiben, Bankraub verhindern, Stiere reiten, sich duellieren, Klapperschlangen wegschießen, Daltons in den Knast bringen, bis sein Rücken eines Tages nicht mehr mitmacht. Er begibt sich in Neumünchen in ärztliche Behandlung, womit für ihn ein sehr deutsches Abenteuer beginnt, voller humorvoller und gelungener Anspielungen auf deutsche Eigenarten wie die Liebe zu Walkürengesang und dem Halten an einer roten Ampel. New Munich (Neumünchen) in Minnesota, im German Belt gelegen, zeigt noch heute auf ihrem Eintrag in der englischsprachigen Wikipedia in Deutsch ihr Motto: "Zu viel zu trinken ist eine gute Idee." Lucky Luke erfährt bei seinem Arztbesuch, dass damit Bier gemeint ist. Das wird nicht mehr geliefert. Saloonbesitzer fordern ihn auf, den Streik zu beenden, der die Bierbrauereien in Milwaukee lahmlegt. So erfahren die LeserInnen erstaunt, dass Lucky Luke zum Handlanger des Alkoholkapitals wird, das sogar Kriminelle wie die Daltons als Ersatz für die streikenden Arbeiter anfordert. Nach einer in mehrfacher Hinsicht fragwürdigen Unternehmung kommt es in bajuwarischer Bierzeltatmosphäre zur Aussöhnung, außer natürlich mit den Daltons. (adi)
Batman Dylan Dog (Roberto Recchioni/Gigi Cavenago/Werther dell'Edera, Panini 2024, 220 S., HC, farbig)
Der Joker wird zu Dr. Xabaras nach London eingeladen. Doch was hat der Superschurke aus dem Batman-Universum beim Ur-Bösewicht aus der Welt von Dylan Dog zu suchen? Xabaras ist seit jeher auf der Suche nach einem Mittel, das den Menschen unsterblich macht. Infolge seines experimentellen Serums sind schon einige debile Untote in den Kanälen der Großstadt unterwegs. Eine Kombination des Xabaras-Serums mit dem Smilex-Molekül des Jokers scheint den beiden Fieslingen vielversprechend. Und ausgerechnet Catwoman (d.i. Selina Kyle) erhält die erste Injektion. Trotz aller gegenseitigen Abneigung müssen Batman, der wisenschaftlich-technische Realist, und Dylan Dog, der gern im Esoterischen handelnde Jäger des Grauens, jetzt zusammenarbeiten. – Das farbstarke Cross-Over bietet in Grafik und Kolorierung eine sehenswerte Zusammenführung zweier so ganz unterschiedlicher Comicerzählwelten. Dass man der eher auf die Vorsehung vertrauenden Art des Dylan Dog gegenüber der planend-nüchternen Art eines Batman Sympathien entegegenbringt, mag daran liegen, dass die kurze Serie ein Bonelli-Gewächs ist, dass zuerst 2019 am italienischen Kiosk lag. (adi)
Leviathan 2 (Shiro Kuroi, Carlsen 2024, 180 S., Tb., schwarzweiß)
Es beginnt das große Hauen und Stechen, was sich im Vorgängerband Leviathan 1 schon ankündigte. Die völlig verunglückte Klassenreise auf einem Weltraum-Passagierschiff, das kurioserweise wie ein Ozeankreuzfahrtschiff gestaltet ist, gerät zu einem Überlebenskampf um die einzige Kälteschlafkapsel, die es an Bord gibt. Vielleicht soll folgender Hinweis auf Seite 6 die unbedarften LeserInnen beruhigen: "Dieses Werk ist fiktiv. Es steht in keiner Weise mit realen Personen, Organisationen oder Ereignissen in Verbindung." Nicht also, dass hier jemand zu fürchten beginnt, auf der nächsten Schulfahrt im Weltraum zu stranden, von Wrackräubern geplündert zu werden, sich in der Küche mit den Lebensmitteln verbarrikadieren und hinter jedem Mitschüler einen mordgierigen Konkurrenten vermuten zu müssen. All das kommt hier auf die überlebenden SchülerInnen zu, die sich in zwei Lager trennen, in diejenigen aus dem Arbeiterviertel und diejenigen aus der Oberstadt. Die ausbrechende Gewalt zwischen diesen Gruppen wird wegen des eiligen Strichs nicht allzu realistisch anschaulich, lässt aber die offenbar beabsichtigte Schlachthausstimmung aufkommen, in der nur die Schülerin Futaba Nikaido einen kühlen Kopf zu behalten scheint. (adi)
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Kurzrezensionen von Comics
(o) comicforscher.de, Hildesheim 2021 bis 2025